500 Meilen

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Die Baltic 500 ist eine Regatta, die 500 Seemeilen lang ist und zu zweit bestritten wird. Die Route führt von Kiel zur dänischen Insel Laesø und über Kopenhagen zurück.

Bei dieser Regatta bin ich dieses Jahr das erste Mal auf einer Dehler 30 one design gestartet. Für mich war es das erste Rennen dieser Größenordnung und wie sich herausgestellt hat bedarf so eine Unternehmung bei weitem mehr Vorbereitungen, als ein Wettkampf, bei dem man abends wieder im eigenen Bett schläft. Mein offshore-erfahrener Mitsegler und ich haben uns etliche Tage vorher schon getroffen, um das Boot vorzubereiten und zu gewährleisten, dass wir nicht nur die Sicherheitsvorschriften erfüllen, sondern alles auf dem Boot genauso ist, wie wir uns das vorstellen und die Bedingungen erfordern. Wir haben sogar unser Großsegel zwei Tage vor dem Start nochmals zum Segelmacher gebracht, um das Achterliek ausbessern zu lassen. Eine berechtigte Sache bei dem Wetter, das uns bevorstand. Vorhergesagt waren 35 bis über 40 Knoten Wind. Da wollten wir nichts dem Zufall überlassen.

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Mit frisch repariertem Großsegel sind wir also am ersten Tag über die Startlinie gefahren. Vor dem Start war es schwierig einzuschätzen gewesen, mit welchem Segel man am besten losfährt. Der erste Schenkel ging raus aus der Kieler Bucht und bei dem herrschenden Nord-West Wind war es nicht so ganz klar, was draußen zu erwarten war. Manche Boote sind nur mit der Fock losgefahren, andere direkt mit dem großen A2 Genacker. Wir haben uns eher defensiv positioniert und sind ebenfalls nur mit der Fock und einem Reff im Großsegel losgefahren. Das war auch erstmal ein Setup, mit dem man gut fahren konnte.

Nach einer Weile, am Kieler Leuchtturm vorbei Richtung Langeland, haben wir unseren A5 Genacker hochgezogen. Bei ca. 140° True Wind Angle sind wir so die Wellen mit Anlieger auf Langeland runtergebrettert. Im Schnitt liefen wir mit 16 Knoten boat speed, das Maximum lag bei 18 Knoten. So ging das immer weiter, bis wir nach etwa drei Stunden östlich von Langeland angekommen waren. Dort wurde der Wind immer spitzer, sodass wir unseren Zielkurs nicht mehr fahren konnten. Obwohl es wegen der Strömung günstiger war unter Land zu segeln, wollten wir noch ein Stück weiter unter A5 bleiben, dann eben ein bisschen tiefer. Der Wind wurde durch den Einfluss des Landes immer instabiler und böiger.

Einen Moment später sind wir auch schon einen Sonnenschuss (wohlgemerkt bei 140° TWA) in einer 38 Knoten Böe gefahren und lagen erstmal flach. Das Boot ist zunächst nicht mehr hochgekommen und es war in diesem Moment nicht möglich abzufallen. Unser Genacker ist fröhlich über dem Wasser hin und her geflattert und der Mast wackelte wie ein trockener Spaghetti. Nach diesem kurzen Stillstand tat der Kiel, was er tun sollte und es war uns dann möglich abzufallen und auf einem tiefen Kurs abzulaufen. Für den Genacker kam das leider einen Moment zu spät, er hatte einen großen Riss und beide Schoten waren abgerissen. Natürlich hat er sich dann um das Vorstag gewickelt und hing dort erstmal fest. Ein dummes Malheur! Trotzdem haben wir es relativ schnell hinbekommen den A5 langsam am Vorstag runter zu pflücken und unter Deck zu stopfen. Dabei haben wir auch festgestellt, dass unser Spinackerfall oben gar keinen Mantel mehr hatte. Der muss durch das Flattern und Schlagen aufgerissen sein. Das waren also erstmal keine guten Voraussetzungen für ein Rennen, bei dem wir noch ca. 450 Meilen vor uns hatten.

Am Horizont konnte man einige Boote ablaufen sehen, bei denen der Genacker auf Höhe der Mastspitze, wie die Rauchschwaden eines Kamins, nach Lee flog. Einige andere hatten also auch zu kämpfen. Dennoch haben wir beide uns nicht aus der Ruhe bringen lassen, die Motivation war noch da und wir haben das Staysail gesetzt, um erstmal ein paar Meter in einem entspannten Modus weiter zu fahren. Zudem entschlossen wir uns, das zweite Reff reinzumachen, wir wollten schließlich defensiv segeln und diese etwas kleinere Segelfläche hätte nicht so einen riesigen Unterschied gemacht. Es war einfach viel zu viel Wind. Bei dieser Reffaktion ist uns dann aufgefallen, dass die Toplatte sehr untypisch am Mast hing. Es stellte sich heraus, dass der oberste Lattenwagen gebrochen war. Dieser nimmt den Druck der durchgehenden Diagonallatte auf, die das Squarehead oben ausstellt. Ohne dieses Teil war es keine Option, weiter zu segeln, denn der Metallbeschlag der Segellatte hatte schon eine kleine Kuhle in den Karbonmast gekratzt.

Eine Stunde später lagen wir in Spodsbjerg auf der Insel Langeland im Hafen und versuchten den Schaden zu reparieren. Natürlich hatten wir genau diesen Lattenwagen nicht als Ersatz dabei. Also wurde improvisiert. Mit unserer neuen Lösung war es nur noch möglich mit Reff zu segeln, allerdings war es auch nicht absehbar, dass man überhaupt in dem Rennen mit vollem Großsegel fahren würde. Also erstmal alles top. Als nächstes mussten wir uns entscheiden, ob wir aufgeben oder weiterfahren. Nördlich von Langeland hatten die anderen Teilnehmer über 40 Knoten gemessen und die Vorhersage war zunehmend. Somit haben wir gemeinsam entschieden, dass wir das Rennen abbrechen, um unsere und die Sicherheit des Schiffes nicht zu gefährden. Wenn das Material nicht stimmt, wird es schnell unberechenbar. Im Nachhinein war das die richtige Entscheidung, die viele andere auch getroffen haben. Das Rennen haben wir nicht beendet aber immerhin eine Erfahrung mehr gemacht.

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